Die Schweiz am Tiefpunkt
Mit grosser Bestürzung musste der vernünftige Teil der Schweiz diesen Sontnag feststellen, dass er in der Minderheit ist in diesem Land. Nicht nur wurde die Anti-Minarett-Inatitive angenommen. Nein, die Mehrheit war auch noch überwältigend (in gewissen Kantonen war es sogar eine zwei-drittel-Mehrheit). Die Tatsache, dass eine derartige Initiative angenommen wird, lässt einige Fragen offen. Hier soll versucht werden, die Hintergründe und Konsequenzen dieses Resultates zu erahnen.
Fremdenhass
Das Offensichtliche zuerst. Das Resultat zeigt offensichtlich, wie die Schweizer gegenüber Fremden stehen. Das Bedürfnis, sie wirklich zu integrieren ist scheinbar nicht da. Oder zumindest nur soweit, wie es keine "Opfer" bedingt.
Dass haltlose und unsachliche Argumente ausreichten, um eine komplette Bevölkerungsgruppe ins Abseits zu stellen, ist nicht nur bedenklich sondern schlicht gefährlich.
Argumentation
Bis heute früh fielen immer wieder dieselben Sätze und Schlagwörter:
- Scheichende Islamisierung (was heisst das überhaupt?)
- Unterwanderung der Werte (mittels eines Turms?)
- Passt nicht zu unserer christlichen Kultur (ist also alles christliche gut und alles andere nicht?)
- Machtanspruch (wie drückt sich das denn genau aus?)
Unter dem Strich hat sich das rechte Lager ganz übler Argumente und Schlagwörter bedient, die einzig und alleine zum Ziel hatten, Angst zu schüren. Schlimmerweise hat das auch noch geklappt.
Und dazu wurde sich gewisser Parallelen zum Ausland bedient, welche mit der Situation in der Schweiz absolut gar nichts zu tun haben.
Das Volk ist dumm
Die offensichtliche Hetze und das offensichtliche Fehlen von sachlichen Argumenten scheint dem Volk völlig egal zu sein. Dies ist nur ein weiterer Beweis, dass eben nicht jeder Entscheid in die Hände des Volkes gelegt werden darf. Denn eine überlegte Stimme ist leider nicht mehr wert, als eine Stimme à la "Hou ja Du. Dr Hans am Stammtisch hät gseit, wänn mr nit ja stimme, müemer alli bald en Turban träge".
Sehr schwache Linke
Leider hat die Linke (und wohl auch die Mitte) wieder einmal nicht mit allen Mitteln gekämpft. Es nützt absolut nichts, nach dem Wahlkampf von sich behaupten zu können, man sei wenigstens anständig geblieben. Wenn die Hetzer beispielsweise mit solch einem Aufwand die Plakate streuen, dann MUSS man doch dagegen halten und ebensoviele, oder noch mehr, Plakate platzieren. Und es war ja nicht so, dass die Gegener kein gutes Plakat gehabt hätten. Die waren absolut ok (wenn auch nicht so prägnant wie jene der Befürworter).
Ebenso muss man halt auch auf tiefem Niveau argumentieren, wenn es die Anderen auch tun.
Leider ist die Linke einmal mehr lieber mit wehenden Fahnen untergegangen als sich schmutzig zu machen.
Der Islam in der Diaspora
Leider hat es der Islam in der Schweiz in den letzten Jahren (und v.a. vor dieser Abstimmung) verpasst, sich etwas aus der Schusslinie zu nehmen. Die grosse Angriffsfläche, welche durch die weltweite Entwicklung gewisser Strümungen des Islams enstanden ist, konnte leider nicht verkleinert werden. Diese Angriffsfläche haben die Rechten schamlos ausgenutzt. Und das ohne Probleme. Wie gesagt wurde hierfür gezielt gegen Schwachpuntke geschossen, welcher im Ausland aktuell sein mögen, aber in der Schweiz überhaupt kein Thema sind.
Trotzedem - und das muss mit aller Deutlichkeit betont werden - darf die Schuld für Fremdenhass niemals beim Gehassten gesucht werden. Schuld sind die Hasser.
Konsequenzen
Als Angehöriger einer weiteren Minderheit, muss ich mich ernsthaft fragen, was ich hier noch will. Es tönt vieleicht zu plakativ, aber wer sagt mir, dass es nicht bald die nächste Minderheit trifft. Vieleicht meine Minderheit? Es läuft mir kalt den Rücken runter, wenn ich beobachten muss, wie leicht es ist, gegen Minderheiten Stimmung zu machen.
Meine Bedenken der Schweiz gegenüber fussen aber ehrlicherweise nicht im Unbehagen sondern schlicht in der tiefen Abneigung, gegenüber jedem Volk, das zu so etwas fähig ist.
Meine bisher gut verwurzelte Verbundheit zur Schweiz hat an diesem traurigen Tag einen herben Riss erlitten, der so schnell nicht zu kurieren sein wird.
Zukunft
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Entscheid noch nicht das letzte Wort ist und es irgendwelche Möglichkeiten gibt, zu verhindern, dass dieses Gesetz (welches ja gegen so viele andere Gesetze auf höheren Ebenen verstösst) so durchgesetzt wird.
Doch selbst das könnte nicht darüber hinweg trösten, in was für einer Gesellschaft wir leben. Eine Gesellschaft, die offensichtlich vergessen hat, dass äussere Einflüsse nicht einfach per se schlecht sind, sondern u.a. die Basis eben dieser Gesellschaft waren, sind und auch in Zukunft bleiben werden.
Denn die Schweizer werden sich nicht lange ausruhen können. Das vermeintliche Problem, welches sie glauben gelöst zu haben, wird sich in den nächsten Jahren wenn schon, dann eher verschärfen. Und zwar allein aus demographischer Sicht. Denn wenn die Schweizer weiterhin im Durchschnitt rund nur 1,6 Kinder bekommen, werden sie bald keine Wahl haben, als diese Minderheit immer ernster zu nehmen. Denn diese wird rasant und unaufhörlich wachsen. Allem Hass und Gegenwind zum trotz.
Der tiefe Bruch, der zwischen der schweizer Bevölkeung und ihrer Minderheiten hier aber wohl entstanden ist, wird in Zukunft unheimlich schwer zu reparieren sein. Auch und vor allem, weil das Interesse der Schweizer hierzu offenbar gar nicht da ist.
Bestürzte Grüsse
etnu