Donnerstag, 12. April 2007

CH Nati

Damit uns auch ja nicht langweilig wird zwischen den Freundschaftsspielen unserer geschätzten Nati, empfehle ich 1. Den Blog von Walter de Gregorio von der Weltwoche zur Nati: Blog
2. Folgenden Text aus der letztwöchigen Ausgabe. Gross als neuen Coach, momoll, damit könnte ich Leben, auch weil Basel dann einen neuen Coach suchen müsste (Lülü?).

Magazin
Der nächste Match
Walter De Gregorio

Die Schweizer Fussballnationalmannschaft führt zurzeit eine Seifenoper vor. Es geht um Sportler, Funktionäre, Berater und Eitelkeiten.Die Hauptdarsteller des Dramas im Überblick.

Jakob Kuhn, der Trainer – Einer seiner Lieblingssätze lautet: «Familienprobleme werden nicht im Treppenhaus diskutiert, sondern in der Küche.» Dagegen wäre nichts einzuwenden, sässen am Küchentisch von Köbi Kuhn nicht regelmässig auch Journalisten. Am Tag nachdem der Trainer der Nationalmannschaft seinen Captain Johann Vogel gefeuert hatte, wusste der Blick im Detail über das Gespräch Bescheid. «Ich steige in den Flieger und tätsch dir eins», drohte Vogel. Er entschuldigte sich danach öffentlich. Die Frage bleibt: Wie hält es der Trainer mit Begriffen wie «Familie» und «Vertrauen», die er seinen Spielern gerne einbläut?

Eingeweihte Journalisten wussten schon Wochen vor dem Gespräch vom 8. März zwischen Kuhn und Vogel von der Absetzung des Captain. Vogel war der Letzte, der davon erfuhr.

Symptomatisch auch Kuhns Verhalten im sogenannten Skandal Behrami: Der 21-jährige Nationalspieler, der bei Lazio Rom zur Stammformation gehört und einer der Besten ist, hatte sich am 24. März im Blog der Weltwoche kritisch zur Arbeit Köbi Kuhns geäussert. Dem Blick bestätigte Behrami seine Aussagen. Verständlich, wenn sich Köbi Kuhn darüber ärgert. Nur: Wäre es nicht angebracht, auf den Inhalt der Kritik einzugehen, statt sich ausschliesslich darauf zu konzentrieren, den jungen Spieler an den Pranger zu stellen?

Erwin Zogg, Berater des Trainers – Offiziell ist der ehemalige Blick-Reporter der Werbeberater von Kuhn. Alles, was mit Werbung zu tun hat, fädelt Erwin Zogg ein, unter anderem die Auftritte für den Stromlieferanten Axpo. Steht Erwin seinem Freund Köbi auch in sportlichen Angelegenheiten hilfreich zur Seite? Hat er Einfluss auf Kuhns Entscheide? Auf die entsprechende Frage antwortete Köbi Kuhn im Trainingslager in den USA: «Natürlich rede ich mit engen Freunden auch über Fussball, und Erwin ist ein enger Freund.» Glaubt man den Aussagen Johann Vogels (siehe Interview weiter unten), dann macht Erwin Zogg ein Doppelspiel. Gegenüber seinem Freund und Klienten gibt er sich loyal, gegenüber Vogel (als dieser noch Captain war) kritisierte er die Einstellung des Trainers: Kuhn wirke müde und ausgelaugt, er habe kein Feuer mehr. «Das habe ich nie gesagt», versichert Erwin Zogg auf Anfrage. «Das ist völlig absurd und wäre gegen meine Interessen.» Was stimmt? Wer lügt? Als selbständiger Versicherungsberater erlitt Köbi Kuhn 1990 Konkurs, weil er dem falschen Freund vertraut hatte. Darauf angesprochen, sagt er: «Ich habe das Vertrauen in den Menschen nie verloren. Darauf bin ich stolz.» Er darf stolz darauf sein, doch schliesst das aus, dass er erneut auf den Falschen setzt? War Vogel der Falsche, ist es Zogg?

Alice Kuhn, Medienchefin des Trainers – Zuerst freuten sich die Journalisten, dass man ihn, den Schweizer Nationaltrainer, im Telefonbuch findet. Man konnte ihn anrufen und mit seiner Frau Alice Gesprächstermine vereinbaren. «Jetzt wird mir das, was zuvor gelobt wurde, als Unprofessionalität vorgeworfen.» So banal sei das, sagte Köbi Kuhn während eines Gesprächs in Florida: «Wenn man Erfolg hat, ist alles gut, was man macht. Hat man keinen Erfolg, ist alles schlecht.» Ja, so banal ist das.

Kuhn hat in letzter Zeit kein Erfolg, aber drei Optionen. Die unwahrscheinlichste Variante: Er trennt sich von seiner Frau. Die vernünftige Variante: Er untersagt seiner Frau fortan, seine Medienagenda zu führen. Jakob Kuhn sei ein sturer Mann, sagen viele, die ihn kennen. Der Verband hat nur eine Option, dafür eine konkrete: Die ganze Medienarbeit des Trainers wird dorthin delegiert, wo sie hingehört: an die Pressestelle des Verbandes. Kaum vorstellbar zwar, dass Frau Kuhn sich vorschreiben lässt, mit wem ihr Köbi reden darf und mit wem nicht. Aber da muss der Verband durch, will er die Sache in den Griff bekommen.

Pierre Benoit, Medienchef des Fssballverbandes – Seit zwölf Jahren ist der Berner Journalist Presseverantwortlicher. Er muss für alle Pannen im Schweizerischen Fussballverband herhalten, für die eigenen und die fremden: «Ich versuche meinen Job so gut wie möglich zu machen.» Er schafft es nicht immer, wie auch die Reise in die USA zeigte. Pierre Benoit will es allen recht machen, den Journalisten, den Spielern und den Verbandsleuten. Das geht nicht. Würde man ihn feuern, es änderte sich nichts im Schweizer Fussballdorf. Die Affäre Frei an der EM 2004 war der mediale Super-Gau schlechthin. In Bern wurde Benoit noch Wochen nach der Spuckaffäre Frei, die zu einer Affäre Benoit geworden war, auf der Strasse angepöbelt. Der Mann hingegen, der seinen Gegenspieler angespuckt hatte, war nach der Sperre, die er nachträglich bekam, schnell rehabilitiert und ist seit letzter Woche neuer Captain der Schweizer Nationalmannschaft. Ein paar Fragen: Ist es Aufgabe des Pressechefs, den Spielern zu sagen, dass sie ihre Gegenspieler nicht anspucken sollten? Ist es seine Aufgabe, dem Trainer zu sagen, dass er während einer offiziellen Pressekonferenz, selbst nach einem Match gegen eine «Gurkentruppe» (Blick) wie Jamaika, keine Bierdose in den Händen halten soll, auch nicht unter dem Tisch? Ist es die Schuld von Benoit, wenn der Delegierte der Nationalmannschaft Ernst Lämmli und Verbandspräsident Ralph Zloczower den Trainer öffentlich kritisieren, dann wieder verteidigen, um ihn später verschiedentlich wieder zu kritisieren?

Ralph Zloczower, der Präsident – «Ralph Zloczower wurde an der Delegiertenversammlung des Schweizerischen Fussballverbandes in Bern per Akklamation bis 2009 als Präsident bestätigt. Der 74-jährige Berner tritt seine vierte Amtsperiode an.» Per Akklamation wurde in der UdSSR gewählt, heute noch am Parteitag in China. Schon vor über zehn Jahren hatte die von Andy Egli geführte Spielergewerkschaft Profoot die unhaltbaren Zustände im Schweizer Verband kritisiert. Wir erreichen Andy Egli am Telefon in Südkorea, wo er als Trainer arbeitet. «Können die Fussballer nicht mitbestimmen, wird es im Schweizer Verband nie zu einer Änderung kommen», sagt er. 47 Vertreter der Amateurliga, 26 der 1. Liga und 28 Präsidenten der obersten zwei Profiligen bilden das Wahlorgan des Schweizer Verbandes. Vertreter der Profifussballer, wie seinerzeit von Egli gefordert, sind keine dabei. Das gibt’s nirgends sonst im professionellen Fussball und mag ein Stück weit erklären, wieso der Schweiz immer etwas Amateurhaftes anhaftet und zugleich auch etwas Feudales. Die Funktionäre in der Schweiz gehen in ihrem Selbstverständnis davon aus, dass der Ball sich dreht, weil sie es wollen, nicht weil die Spieler den Ball treten. Der Berner Anwalt Zloczower macht da keine Ausnahme und müsste per Akklamation in die wohlverdiente Rente geschickt werden. Doch wer will sich schon, wie seinerzeit Egli, exponieren? «Irgendeinmal hatte ich die Nase voll, den Winkelried zu spielen», sagt Egli. Die Profoot scheiterte letztlich nicht am Widerstand des Verbandes, sondern an der mangelnden Courage der Spieler. Galionsfiguren wie Alain Geiger und Stéphane Chapuisat stiegen bereits beim Jahresbeitrag für die Profoot aus. Er betrug 500 Franken.

Alex Frei, der Captain – Apropos Solidarität und Teamgeist: Am letzten Tag des USA-Trainingscamps standen die Nationalspieler dem Hauptsponsor Credit Suisse für lange im Voraus geplante und mehrere 100 000 Franken teure Werbeaufnahmen zur Verfügung. Der Einzige (neben Teamkollege Philipp Degen), der nicht zum Werbetermin erschien, war Alex Frei. Am Abend zuvor war er abgereist, weil sein Klub Borussia Dortmund auf eine frühzeitige Rückkehr drängte. Der Verband gab nach, der Sponsor offenbar auch, doch die Frage ist: Wieso lässt ausgerechnet der neue Captain der Nationalmannschaft den Werbetermin mit seinen Teamkollegen sausen? Kann es sein, dass vielleicht auch andere Nationalspieler gerne frühzeitig nach Hause gegangen wären?

Johann Vogel, der Verstossene – Auszüge aus dem Interview, das der Rekordinternationale der Weltwoche am 30. März gab:* «Als Jakob Kuhn Sie am vergangenen 8. März anrief, hätten Sie gedacht, er würde Ihnen mitteilen, dass er sein Traineramt zur Verfügung stelle. Das war kein Witz, das dachten Sie wirklich?» – «Kein Witz: Ich war überzeugt, er schmeisst alles hin.» – «Wieso glaubten Sie das?» – «Weil ich schon lange gemerkt hatte, dass Herr Kuhn keine Lust mehr hat auf den Job. Früher sprach er oft mit den Spielern, er kam uns im Ausland besuchen. Seit der WM in Deutschland ist bei ihm das Feuer weg. Das hat mir übrigens auch Erwin Zogg bestätigt, der ihm sehr nahesteht.» – «Erwin Zogg, der Berater und Freund von Kuhn? Kann ich mir nicht vorstellen.» – «So ist es aber. Erwin kam mich in Sevilla besuchen. Das war vor dem Brasilien-Spiel. Bei dieser Gelegenheit hat er mir das gesagt.»

«Wieso sollte Kuhn keine Lust mehr haben auf den Job?» – «Weil er vielleicht gemerkt hat, dass er der Mannschaft nichts mehr bringen kann und er mit der WM-Teilnahme 2006 das Maximum erreicht hatte.» – «Als Köbi Kuhn Ihnen schliesslich den Grund für seinen Anruf nannte, sollen Sie gedroht haben: ‹Jetzt steige ich ins Flugzeug und tätsch dir eins.› Haben Sie das so gesagt?» – «Nicht der Entscheid an und für sich, sondern die Art und Weise, wie er seinen Entscheid gefällt hatte, sich nur auf Gerüchte berufend, brachte mich in Aufruhr. Es fielen harte Worte.» – «Von welchen Gerüchten sprechen Sie?» – «Herr Kuhn sagte, er habe von vertraulicher Quelle erfahren, ich würde behaupten, mit ihm als Trainer werde die Schweiz keinen Erfolg mehr haben. Die vertrauliche Quelle war der Blick. Ich sagte zu Kuhn: ‹Trainer, wem glauben Sie, den Journalisten oder Ihrem Captain?›»

Ernst Lämmli, der Delegierte – In ein paar Monaten, so der Delegierte der Nationalmannschaft Ernst Lämmli, werde er das Anforderungsprofil für den Teammanager haben, den man Kuhn zur Seite stellen will. Spätestens dann wird Lämmli merken, dass er seine eigene Absetzung vorbereitet. Denn wozu braucht es einen Teammanager, wenn es bereits einen Delegierten gibt? Mit Philipp Ebneter gibt es offiziell bereits einen Teammanager, der die ganze Administration für den Coach übernimmt, es gibt einen Medienbeauftragten, einen persönlichen Werbeberater und ein Dutzend weiterer Mitarbeiter, die Kuhn zu Verfügung stehen (seine Frau Alice nicht eingeschlossen).

PS: Christian Gross, der Zukünftige – Sein Werdegang spricht für ihn. Seine Fähigkeit, im Bedarfsfall ein harter Hund zu sein, ebenfalls. Bei GC liess er die Diva Kubilay Türkyilmaz schon mal auf der Bank schmoren, und den ehrgeizigen Johann Vogel setzte er gelegentlich als Aussenverteidiger ein – und die Spieler haben sich dem Diktat des jetzigen FC-Basel-Trainers widerstandslos gefügt. Was will man mehr?


Euer ergebenster
Guysolino

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