Der Tages-Anzeiger (direkter Link zum Artikel) hat grundsätzlich eine seltsame Politik der Freischaltung von Kommentaren. Grundsätzlich ist es ein Forum für Hinz und Kunz, worin gegebenenfalls jegliche Meinungsäusserungen zu (ausgewählter) alltäglicher Berichterstattung abgedruckt werden können. Interessanterweise gelangt immer dann geballte Feindlichkeit und vor allem ein unvergleichliches Volumen von Kommentaren auf die Webpage, wenn ein(er der wenigen) Artikel über Israel publiziert und zur Äusserung eingeladen wird. Inzwischen haben sich seit heute Morgen schon die erkleckliche Zahl von 106 Kommentaren zum Thema gefunden. Ein kleiner Vergleich auf der Tagi-Homepage bringt die merkwürdige Tatsache zum Vorschein, dass sich zu anderen Themen so gut wie keine Leute äussern bzw. die Themen nicht zur Kommentierung freigegeben werden (18 Kommentare zum Russland-Skandal der Axpo, 2 zum Hermaphroditen-Fall an der Frauen-WM, 14 zur Lehrstellen-Flaute in Zürich, 46 zur 613. Starbucks-Filiale in der Limmatstadt, 2 zur Decharge für Andy Rihs, 30 zum Jöh-Effekt der U-21). Vergleichsweise erregen nur noch die Umstrukturierung der Stromlandschaft in der Schweiz sowie die neulich erschienene OECD-Studie zur Lebensqualität eine vergleichbare Anzahl Gemüter, jedoch hinkt der Vergleich weil letztere Themen unser aller Alltag doch sehr direkt betreffen.
Auch zum Nahost-Konflikt haben Herr und Frau Hugentobler aber eine Meinung. In einer Vielzahl arabischer Ländern im Nahen Osten werden Zivilisten wahllos abgeschossen, weil sie sich ereifern, eine politische Meinung öffentlich kundzutun. Ghaddafi lässt Container voller Viagra importieren, damit seine zentralafrikanischen Söldner auch ja einen hochkriegen und so wahllos und systematisch vergewaltigen können. Aber dazu fällt am Stammtisch nur ein Spruch im Sinn von "isch au no krass, häsch au glese im 20 Minute?" und der Schnauz wird in die übernächste Stange getunkt. Wenn's um Israel geht, passiert alles etwas undifferenzierter und vielfach wird die Zivilbevölkerung für das Handeln ihrer Regierung verantwortlich gemacht.
Genanntes Medium, ein eigentlicher Kanal der Meinungsäusserungsfreiheit, ist inzwischen ein exemplarisches Konzentrat pauschalisierender Ignoranz geworden, indem wahllos Thesen in den Raum gestellt werden und mit stichhaltigen Aussagen wie "überleg doch mal, ist doch wirklich so" argumentiert wird. Exemplarisch sei an dieser Stelle ein Best Of der heutigen Diskussion aufgeführt:
- Argumente werden nicht besser, wenn sie ständig wiederholt werden.
Die Tausenden von Raketen haben bis jetzt nur wenigen Dutzend Israelis das Leben gekostet - sie sind primitive Spielzeugraketen. An die mehr als 1200 toten Palästinenser vom letzten Konflikt denken Sie aber nicht, oder?
Aber was schreibe ich da... unbequeme Tatsachen werden gerne ignoriert.
Inwiefern rechtfertigt dies antisemitische Pöbeleien gegen die jüdische Bevölkerung in Zürich?- In Israel zu leben ist schon lange nicht mehr ratsam. Das Land ist voller Fanatiker und wird rundherum von Fanatikern bedroht. Selbst als Israeli wäre ich längst ausgewandert, Heimat hin oder her.Mein Favorit. Kein Zusammenhang, kein Sinn, rein gar nichts. Bitte mehr oder viel weniger!- "Wer Israel kritisiert, ist gleich ein Antisemit."Schade, dass die Dame nicht auf diese Frage eingegangen ist.Dafür hat er aber eine passende Antwort kassiert, auf welche dann interessanterweise nichts mehr zurückgekommen ist. Aber der Spruch ist eben ein Phrasenschwein-Schlager, also her damit.- Ich verstehe nicht: warum bin ich ein Antisemit, wenn ich Israel kritisiere? Ich dachte immer, bei Antisemitismus ginge es um Judenhass, nicht um den Staat Israel. Dann bin ich nach dieser Logik also ein Moslemfreund, wenn ich in der Türkei Ferien mache? Wer so denkt, outet sich wirklich als rassistisch verblendet, einfach auf der anderen Seite. Aber die hat halt keine Lobby....- Israel ist ein Staat und keine Rasse. Wenn ich also die Politik Israels kritisiere, kann dies gar nicht unter Rassismus fallen. Ebensowenig bin ich nicht Anti-Muslim, nur weil ich Hamas kritisiere. Wenn die Leute mit der Gleichung 'Staat Israel' = 'Volk Israel' = 'Juden an sich' argumentieren, ist das alleine ihr Problem.Es wäre wirklich schön, wenn das alleine ihr Problem bliebe.- Warum soll uns dieser Krieg nicht beschäftigen? Er dauert ja schliesslich auch schon über 40 Jahre und hindert einen halben Kontinent in seiner Entwicklung...Ich komme auf mindestens drei Kontinente, aber ich gehe auch von der jüdischen Weltverschwörung aus.- Fakt ist auch, dass mich meine jüdischen Nachbarn, denen ich auf der Strasse fast täglich begegne, mich nicht einmal anschauen noch grüssen.In der Sache mag sie recht haben, daraus aber Schlüsse zu ziehen, ist falsch.- Wenn wir im Bus nicht mehr offen über politische Gegebenheiten diskutieren dürfen, (pro und con) dann haben wir das Ende unserer Demokratie vor der Tür- Der Anti Rassismus Maulkorb wird von den Juden in der Schweiz bewusst stilisiert.- Viele Schweizer sind rechts, aber noch lange nicht sind alle Rassisten. Es gibt einfach Leute, die sich gut integrieren und solche die sich abgrenzen. Wer sich abgrenzt (Kleidung, Sprache, Verhalten), wird halt auch schneller ausgegrenzt – so funktioniert das gemeine Volk.Ein Plädoyer für die Vielfalt in der Bevölkerung, Akzeptanz und Tolle Ranz. Weiter so!
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