Dienstag, 5. Oktober 2010

Was macht Milch koscher (und günstig)?

(Lieber Herr Koscher aus Zürich. Bitte lesen sie das und lernen Sie daraus, dass Kashrut und geschäftliche Effizienz sehr gut zusammen passen können.)

Bei einem Besuch in einem Kibbutz im Norden Israels habe ich diesen Sukkot beeindruckende Einblicke in den Melkprozess einer der grössten Lieferanten von Tnuva erhalten. Dabei ging es einerseits darum, die Milch so effizient wie möglich zu melken. Gleichzeitig sollte jede der rund 750-1‘000 Kühe individuell überwacht werden. Und obendrein soll die Milch auch noch Mehadrin sein und von hoher Qualität. Folgende Massnahmen ermöglichen all diese Ziele:

Melkstation (das Bild ist nur ein Symbolbild):
Die Melkstation präsentiert sich zunächst so, wie man es aus grösseren Melkbetreiben kennt. Eine grosse ringförmige Plattform, welche sich konstant dreht. Der Stall daneben wird mit je einem Eingangs- und Ausgangs-korridor mit der Plattform verbunden. Somit besteigt die Kuh die Plattform (selbstständig!) und fährt während einer Umdrehung mit und wird gemolken. Sobald sie wieder (fast) am Ausgangspunkt ist, steigt sie von der Plattform und geht über den Ausgangskorridor in den Stall zurück.
Einziger regelmässiger Eingriff durch den Mensch bleibt das platzieren der Melkbecher (das heisst wirklich so). Dies wird in gewissen Betrieben automatisch gemacht, was aber oft zu Problemen zu führen scheint.

Chip am Fuss jeder Kuh:
Jede Kuh trägt an einer Vorderhufe ein kleines Kästchen. Beim betreten der Plattform wird dieses von einem Sensor gelesen. Die Maschine weiss somit genau, wie viel Milch diese Kuh heute geben kann/muss. Dies aus zwei Gründen: 1) Ist diese Menge erreicht, lösen sich die Melkbecher von selbst von den Zitzen. 2) Gibt die Kuh weniger Milch als vorgesehen, wird ein Stallarbeiter vom System informiert. Die Kuh wird nach dem Melken medizinisch untersucht.

Ausserdem dient das Kästchen als Schrittzähler. Macht eine Kuh während des Tages zu wenig Schritte, wird sie medizinisch untersucht. Macht sie zu viele Schritte, ist sie möglicherweise auf der Suche nach einem Stier. Ist dies der Fall, wird sie künstlich besamt.
(Übrigens: Bei rund 800 Kühen kommen täglich etwa 6-8 Kälber auf die Welt. An Spitzentagen sogar bis zu 18!)

Milch-Sensor:
Bevor die frisch gemolkene Milk in den Sammeltank fliest, muss sie zuerst an einem Sensor (die blauen Kästchen auf dem Bild oben) vorbei fliessen. Dieser misst gewisse Nährwerte und kontrolliert die Milch auf Blutspuren. Stimmen die Werte nicht oder befindet sich Blut in der Milch, wird die Milch sofort abgesondert und gerät nicht in den Sammeltank (wo sie die restliche Milch unbrauchbar machen würde).

Kameras:
Überall dort, wo Menschen am Ablauf beteiligt sind, sind Video-Kameras platziert. Das Signal geht direkt zum zusatändigen Rabbiant, welches sicherstellt, dass am Shabbat und Jom Tov keine jüdischen Arbeiter, tätig sind. Die Arbeit wird dann meist von arabischen oder thailändischen Arbeiter übernommen.

Resultat:
Der Kibbutz produziert täglich knapp 25‘000 Liter Milch, welche von hoher Qualität ist und ausserdem Kosher LeMehadrin ist. Für Mehadrin Milch bezahlt Tnuva dem Kibbutz knapp einen Shekel mehr als für nicht Mehadrin Milch (sprich fast 25‘000 Shekel mehr am Tag!).

Solltet Ihr je die Möglichkeit haben, einen solchen Betrieb zu besichtigen, kann ich es nur wärmstens empfehlen.

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