In einigen Quartieren Amsterdams scheinen sich religiöse Juden wegen erhöhtem Risiko von Anfeindungen und Übergriffen nicht mehr auf die Strasse zu wagen. Dem will nun der langjährige Bürgermeister von Slotervaart, einem Problemquartier, mit einer unkonventionellen Idee einen Riegel schieben: Der Einsatz von Undercover-Polizisten in traditionell ostjüdischer Tracht. Hierzu der gesamte Artikel aus der Financial Times Deutschland:
Um gegen Antisemitismus vorzugehen, Amsterdam auf höchst orthodoxe Methoden: Als Juden verkleidete Polizisten sollen die Übergriffe stoppen. Die Idee stammt ausgerechnet von einem Rechtspopulisten.Nichts lässt darauf schließen, dass sich eine Synagoge in dem Gebäude verbirgt. Kein Davidstern, keine hebräischen Schriftzeichen, kein Namensschild. Selbst die Adresse der "Sjoel West" ist geheim. Wer die Amsterdamer Synagoge trotzdem findet, muss eine Klingel drücken, die Tempelwächter drinnen entscheiden dann, ob man hineindarf. Sie haben Angst vor Übergriffen. 65 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus, mitten in Europa.Mit der traditionellen Kippa auf dem Kopf trauen sich viele Juden nicht mehr auf die Straße. Denn sonst drohen Beleidigungen, Spuckattacken und Steinwürfe. Die Täter sind oft arabischer Herkunft.Amsterdams mächtigster Araber will das beenden. "Wir müssen alles tun, um diese Kriminellen zu erwischen", sagt Ahmed Marcouch. Der langjährige Bürgermeister des Problemstadtteils Slotervaart plädiert für den Einsatz sogenannter "Lockjuden": Polizeibeamter, die sich als Juden verkleiden und ihre rassistischen Angreifer sofort festnehmen.Als Marcouch vergangene Woche seine kuriose Idee vorstellte, runzelten viele Politiker die Stirn. Nun aber bekommt der Sozialdemokrat Unterstützung. Auch Amsterdams Bürgermeister Lodewijk Asscher, der selbst Jude ist, sympathisiert mit dem Einsatz der Lockvögel. Man werde "unorthodoxe Mittel nicht scheuen", ließ Asscher gestern verlauten. Selbst wenn es sich dabei um als orthodoxe Juden kostümierte Polizisten handelt.Auslöser des plötzlichen Sinneswandels könnte eine Fernsehreportage vom Sonntag sein. Der jüdische TV-Sender Joodse Omroep begleitete den Rabbi Lody van de Kamp mit versteckter Kamera durch einige soziale Brennpunkte der Stadt - und filmte Schockierendes: Serienweise beschimpften arabisch aussehende Jugendliche den Rabbi, einer reckte gar die Hand zum Hitlergruß. "In extremistischen Kreisen gab es das auch schon vor einem Jahrzehnt, aber im Moment geschieht es auf der Straße, täglich", sagt van de Kamp.Tatsächlich scheint der Antisemitismus in den Niederlanden rapide zu wachsen. Nach einer Umfrage der Zeitschrift "Elsevier" stößt beispielsweise jeder fünfte Lehrer in Großstädten beim Thema Holocaust auf Widerstand der Schüler. Das niederländische Zentrum für Information und Dokumentation Israel (CIDI) registrierte im Januar fast 100 Attacken auf Juden, beinahe ebenso viele wie im gesamten Vorjahr.Auch das CIDI fordert nun den Einsatz von verdeckten Ermittlern als "Lockjuden". Und schon bald dürfte Marcouch einen weiteren bekannten Verbündeten finden: Geert Wilders. Von dem Rechtspopulisten und bekennenden Islamhasser hat er nämlich seine Idee abgekupfert - Wilders schlug einst vor, "Lockhomos" auf die Straße zu schicken.
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