Wir schreiben Dienstag den 8. März 2011. Im Oberengadin scheint seit 3 Tagen ununterbrochen die Sonne. Stahlblauer Himmel, Temperaturen um den Gefrierpunkt und beste Schneebedingungen. Kurzum, Kaiserwetter!
Es ist 8 Uhr morgens. Im Speisesaal des Hotels Cresta Palace in Celerina treffen sich zwei Skiverrückte - namentlich handelt es sich um Grasl Frucht und Kugel Blitz-
zum Morgenessen, in der Hoffnung heute 4 Berggipfel zu besteigen.
Vier Berggipfel als Skifahrer zu besteigen? Ja, richtig gelesen. Bei diesem verrückten Unterfangen handelt es sich um die berüchtigte Ski- Safari. An einem Tag sollen die Berge Corvatsch, Piz Nair, Lagalb und Diavolezza erklommen werden.
Die zwei erwähnten Personen stehen um 9 Uhr stramm an der Busstation in Richtung Sils Maria. Von dort soll es mit der Furtschellas- Bahn ein erstes Mal in die Höhe gehen. Es liegt an diesem Morgen etwas in der Luft. Man spürt die Spannung. Ständiger Begleiter dieses Anlasses, das Uhrwerk. Schliesslich muss man vor 16.30 Uhr den letzten Gipfel, die Diavolezza, bestiegen haben.
Bergstation Furtschellas, 10 Uhr, die Frisur unter Helm hält. Vom Sessellift abgestiegen, wird die erste Traverse mit viel Schuss genommen. Die Kanten ist gut abgetragen, kaum jemand auf der Piste, also warum dann Kurven fahren. Wenige Minuten und 2 Pisten weiter sind wir bereits beim Sessellift angekommen, der uns in Richtung Mittelstation Corvatsch (2702 M.ü.M.) bringt. Normalerweise der ideale Ort für einen ersten Lutz, doch heute ist ja der Gipfel jeweils das Ziel, also schnell Ski abschnallen und ab in die nächste Gondel.
Corvatsch, Bergstation auf 3303 Höhenmetern. Varuggte Aussicht über das Oberengadin und am Horizont, kein Witz, ist Dank der Bergkarte welche auf der Aussichtsterrasse aufgestellt ist, das Matterhorn ersichtlich. Man erkennt also schon von weit her, wenn man wie der Schreibende ein bisschen was von der Bergwelt versteht (ija). Nach 10 minütiger Pause und dem obligaten Nejgelwasser kann nun der Tag also endlich beginnen, kurzer Blick auf die Uhr, es ist 11 Uhr.
Über den Corvatsch Gletscher geht's heftig Bergab. Angekommen am Skilift, also ca. 700 Meter weiter unten stellen wir fest, dass der Skilift nicht hätte genommen werden müssen. Doch wurde die Traverse daneben schlicht und einfach verhängt und jetzt fehlt das Tempo. Kurze Stagnation macht sich breit, aber die vorhanden Breite, lässt diese Stagnation nicht allzu breit werden.
Es geht also dann in Richtung Hahnensee Sessellift. Dieser Lift stammt aus der Zeit, als Poldi in St. Moritz noch wilde Partys organisierte und der Wischnitzer auf seinen Holzski über die Pisten geflitzt ist. Beim besteigen des Lift, werden die Beine fast umgefahren, dafür geht die Fahrt anschliessend fast 15 Minuten, im Schneckentempo.
Oben angekommen steht uns eine 20 minütige Abfahrt bevor in Richtung St. Moritz Bad. Ja richtig, wir sind ca. 90 Minuten zuvor in Sils gestartet und nun bereits auf bestem Weg in Richtung Top of the World, und das alles auf den Brettern. Lässig.
Die Hahnenseeabfahrt war früher berüchtigt für deren schlechten Zustand. An diesem Tag schlicht und einfach ein Traum. Ideales Gefälle, aggressiver Schnee und ausser den zwei Skifanatiker kaum jemand auf der Piste. Es wird gecarvt was das Zeugs hält bzw. bis es eben nicht mehr hält. Kugel Blitz übertreibt es im Flachstück und stürzt prompt. Haltungsnote 5.9 und der ganze Schnee in der Brille. Grasl amüsiert sich. Das lauschige Hahnenseerestaurant wird links liegen gelassen (zu unrächt) und St. Moritz ist erreicht. Die letzten Meter bis zur Signalbahnstation, welche uns dann auf die St. Moritzer Seite raufgebrungen haben wird, müssen im Cologna- Stile gefahren werden. Pflotschnass vor Anstrengung.
Wir verlieren keine Zeit und besteigen auf der Corviglia das Piz Nair Bähnli. Immer wieder atemberaubend, wenn man am Abfahrtsstart der Herren vorbeifährt und feststellt, dass diese dort den berüchtigten "freien Fall" zu bewältigen haben. Von 0 auf 130 km/h in 7 Sekunden, auf Ski und dann in die Kurve. Spinner das. www.lupi.ch/schools/math/moritzwm.htm
Bergrestaurant Piz Nair (2877m) ist um 12.15 Uhr erreicht. Wir gönnen uns die erste Verpflegungspause bzw. wir würden gerne. Ein Schnauz gegenüber von mir findet es wahnsinnig amüsant was wir uns an diesem Tag antun. Er sitzt mit seiner Schrulle im Restaurant und schweigt vor sich her. Was ist besser? Trottel das.
Ach ja, bedient werden wir nicht also entscheiden wir uns für eine Pause weiter unten in Marguns. Doch davor findet noch das berühmte Rennen zu "Emek haBacha" statt.
Die Philosophin A.N. aus dem Jemen hat Ende der 90er Jahre dieses Tal aus verschiedenen Gründen so benannt.
Erstens kommt die Sonne dort nur gefühlte 2 Minuten pro Tag hin. Zweitens ist es dort im Schweinekalt und drittens kullern die Tränen nach der berüchtigten Schussfahrt nur so über die Wangen. Die Herausforderung ist es für ca. 1.5 Minuten die Schussfahrtposition einzunehmen, zwei heftige Kurven zu fahren und auch noch den anderen Skifahrern aus dem Weg zu gehen bzw. ohne Gefahr zu überholen. Die Beine brennen. Kugel Blitz fährt eine super Linie am linken Pistenrand und entscheidet dieses Duell souverän für sich. Für Grasl die erste Niederlage nach Jahren, Lino kann ein Lied davon singen.
Marguns erreicht und kurzes Innehalten. Ein Bier, ein Ice Tea, ein Mars. Das muss für die nächsten Kilometer wieder reichen. Es geht ins Tal, genauer nach Celerina. Um 13.45 Uhr stehen wir also wieder vor dem Hotel bzw. vor dem Auto. Das heisst für den Chauffeur Grasl: Skischuhe abziehen, Turnschuhe anziehen. Die wunderschöne Fahrt von Celerina via Berninapass auf die Lagalb dauert zwanzig Minuten. Atemberaubend schön präsentiert sich der Palügletscher. Der war übrigens auch schon grösser. Pro Jahr geht der Gletscher ca. 15 Meter (!) zurück. Klimaerwärmung ist mega krass, hä.
Zurück zum wesentlichen. Mit der Fahrt auf die Lagalb begeben wir uns in den Hochalpinen Teil der Safari. Sprich bereits die Talstation liegt auf 2100 Meter über Meer. Es heisst nun wieder Turnschuhe ab, Skischuhe an (mega mühsam). Die Bahn bringt uns auf 2839 Meter. Das spannende an dieser Bahnfahrt ist, dass man die ganze Piste besichtigen kann. Es ist steil, sehr steil. Oben gönnen wir uns ein Päuseli mit Bier und Schoggi. Die Aussicht sowohl in Richtung Pontresina als auch in Richtung Bergell ist prächtig. Wieder haben wir kein Glück mit der Bedienung. Grasl wird vor versammeltem Restaurant- Aulom angefahren, da zwischen Bestellung und Erhalt des Gerstensaftes der Platz gewechselt wurde. 30 Minuten später entschuldigt sich der Kellner für das Fehlverhalten und schon können wir uns ins Tal stürzen. Ein Wahnsinnshang, wenn auch dieser Hang mehr genossen werden könnte, wenn zuvor nicht bereits zwei Gipfel befahren wurden. Die Beine brennen inzwischen auch ohne Schussfahrt. Für Carving ist es zu steil, für Kurzschwingen zu anstrengend. Grasl muss diese Krise alleine bewältigen, kann doch Kugel Blitz zu diesem Zeitpunkt seine oft bewunderte Beinmuskulatur weiter ausreizen. Weiss auch nicht wie das gehen soll.
Unten angekommen, der aufmerksame Leser hat es erraten: Skischuhe aus, Turnschuhe an. Das Auto muss lediglich 500 Meter bis zur Talstation Diavolezza verschoben werden. Doch selbst für diese kurze Strecke würde eine Autofahrt mit Skischuhen nicht wirklich funktionieren, ausser man heisst Daniel Stucki (FCZ). Der muss sein ganzes Leben mit Skischuhen bewältigen.
Es ist 15.30 Uhr, wir stehen vor dem letzten Berg. Die Sonne neigt sich bereits hinter den Gipfel. Im Wissen, dass dort oben die Sonne noch sehr lange scheint, geht's in die Gondel. Auf 3009 Metern entdecken wir das Paradies. Sonne, Liegestühle, beste Sicht auf die Bergketten und auf den Beginn der Gletscherabfahrt nach Morteratsch. Um die Mizwe der Skisafari Mehadrin min haMehadrin ausgeführt zu haben, müsste eigentlich diese Abfahrt bewältigt werden. Da aber die beiden Protagonisten diese Abfahrt noch nie gefahren sind und die Stunde bereits fortgeschritten ist, wird die herkömmliche Talabfahrt absolviert. Davor findet aber noch ein gepflegtes Kampchillen in der Sonne statt. Den Tag lassen wir Revue passieren. Fast vergessen haben wir, dass der Tag 6 Stunden zuvor auf der Furtschellas begonnen hat. Der Piz Corvatsch und der Piz Nair sind nur noch Randnotizen. Das Skifahrerische Highlight war die Hahnenseeabfahrt.
Es macht den Eindruck, die Sonne gehe auf der Diavolezza nie unter. Wir sitzen bis kurz vor 17 Uhr in der Beiz und geniessen. Müdigkeit und Befriedigung über das Geleistete machen sich breit.
Es geht nun also wieder Talwärts, mehrheitlich im Schatten. Die Piste eignet sich ideal für ein lockeres Auslaufen eines anstrengenden Skitages. Flache, breite Pisten ohne grossen Verkehr.
Geschafft, nach dem berüchtigten Zielschuss werden die Ski bis fast vor das Auto gesteuert. Ab ins Auto und zurück in die gute Stube.
Fazit: Für Erholungsskifahrer ist dieser Ausflug das falsche Programm. Zu oft müssen Ski ausgezogen und ein Bähnli in Anspruch genommen werden. Ein Ausflug der für angefressen Skifahrer absolut empfehlenswert ist. Abwechslungsreiches Skifahren, beste Pistenverhältnisse und eine Bergwelt die über die vielen grauen, nebligen Tage in Zürich hinwegtröstet.
Man dankt an dieser Stelle dem Motivator aus Pfefferkorn, Her Majesty, der uns im Laufe des Tages jeweils mit guten Ratschlägen via Email und SMS zur Seite gestanden hat.
Montag, 28. März 2011
Ski Safari- Ein Erlebnisbericht
Textowiert durch Grasl um 22:02
Labels: Deutsche Signale, sport unterem davidstern
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