Mittwoch, 9. März 2011

Jew York, zweiter Akt

Also, man meldet sich wieder, etwas verschlafen dafür, dass man in der Stadt weilt, welche nie schläft. Zumindest der Legende nach. Praktisch ist es aber eher so, dass die Wohnungen hoffnungslos überhitzt sind (offenbar hat man hier im Gegensatz zu Spanien noch eine alternative Ölquelle zu Qkattapffi) und es deshalb gereicht, auf Broadway Avenue mit offenen Fenstern zu schlafen, ohne dass man chronisches Surren in den Gehörgängen erleidet.
Wo waren wir? Ah, das Programm. Gestern hatte sich das Gemahlentum vorgenommen, ein spontanes Programm durchzuführen. Dieses führte ins Financial District, dann ans Memorial Museum zu 9/11, weil ich gerne das Projekt der beiden Pools und der neuen Türme sehen wollte. Anschliessend wollte man noch das physische Ground Zero begutachten. Leider stand uns hierbei sehr ungünstig ein Discountshop im Weg, der Century 21. Verrückte Auswahl, verrückte Amis und Touristen. Da packt man sich ein Trolley, schlendert zwischen Myriaden von Hemden, Krawatten, Socken und Pijama-Hosen und packt einfach mal nach Gutdünken ein. Nach gefühlten 613 Jahren hat man also wieder mal tüchtig zugepackt. Zu Unrecht, wie manch ein Modekritiker hinter vorgehaltener Hand aber schon gemunkelt hat. Und um alle Alternativgeister zu beruhigen: Nein, ich bin nicht auf den Trick mit den Elchshirts reingefallen.
Für viel mehr ausser Shopping, einem soliden Hamburger am Abend im Cafe Clasico und einem lokalen, erwarteterweise etwas fadem Weizenbier in einer Bar um die Ecke hat es nicht gereicht. Auch gut.
Dafür hat man sich nach einem Spaziergang durch den Central Park (alternativ, wie wir sind, haben wir natürlich die Anweisung, nur im Gegenuhrzeigersinn um den See zu gehen, nicht befolgt) und einem zweifachen vermeintlichen Rencontre mit Denzel Washington (es war zweimal derselbe Typ, das zweite Mal war er's aber noch weniger als das erste Mal) heute das Salomon Guggenheim-Museum gegeben. Nachdem man sich erst kürzlich den eher mediokren Film "The International" gegeben hatte, der unter anderem auch eine der entscheidenden Schiessereien in diesem Museum beinhaltete (leider sah man davon heute keine Spuren mehr), wollte man sich verständlicherweise auch des kulturellen Brotes dieser Stätte erlaben. Es war ziemlich eindrücklich. Vor allem die unteren "Stöcke" sind sehr interessant, gegen oben wird das Gemüt etwas müder, die Videoinstallationen eher unverständlich und die Gemälde insgesamt deutlich düsterer. Dafür ist die Kandinsky-Sammlung sehr bereichernd. Und erwachsen.
Später strollte man wieder durch die 5th Avenue und runzelte die Stirn über eine Vielzahl von masslos überbewerteten Läden. So beispielsweise der Niketown. Der Laden ist immens gross, hat aber in der Mitte ein riesiges Loch, dessen Wert nicht verstanden werden kann. Die Auswahl an Schuhen, also eigentlich das Stammprodukt der Marke, ist bedenklich klein. Flache Sneakers sind ohnehin anscheinend ein Produkt, das im März in dieser Stadt nicht zu finden ist. Es ist ein bisschen wie mit den (ebenfalls überbewerteten) SUV's, einfach an den Füssen. Der New Yorkeur bevorzugt das tragen von überdimensionierten Fusseinfassungen, am besten dicke Basketballschuhe in Leder und langweiligen Farben und weit über die Knöchel gehend. Na ja, nicht mein Ding.
Gegessen hat man dann in einem Deli, dessen Name aus Selbstschutzgründen (if I tell you, I'll have to kill you) nicht weitergegeben wird. Es war jedenfalls so ein Lokal, das aussah, wie das Honeybunny-Bistro in Pulpfiction, aber einfach in ein tunnelartigen langgezogenen Schlauch gelegt. Seltsame Beschreibung, war aber auch ein seltsames Lokal. Für ein Triple Deli, also ein Sandwich mit drei Scheiben scheusslichem, dünnem Brot und einer lächerlich grossen Anzahl Scheiben von Corned Beef und Salami zahlte man US$ 21.-, also der Preis, welcher andernorts für ein solides Steak bezahlt wird. Womit man wiederum beim überraschenden und generischen Summa Summarum-Fazit angelangt ist, dass Deli-Sandwiches masslos überbewertet sind.
Dafür sahen wir dann ein ziemlich gelungenes Musical, nämlich Memphis, der Gewinner der TONY-Awards 2010, ein Stück über die Anfänge des Rock'n'Roll. Sehr unterhaltsam, kurzweilig und wohl auch unterbewertet. So, das wär's. Man gratuliert aus der Ferne Barcelona und dem ukrainischen Konglomeratsfussball und allen ehrlichen Häuten dieses Planeten (inklusive dem Exilanten).

1 Kommentar:

el tigre numero uno_ hat gesagt…

Achtung Achtung! Geek alert:
Man sagt "Broadway" und nicht "Broadway avenue". Ebenso reicht einfach "Guggenheim Museum" ohne das "Salomon" davor.

OFF!!

Ausserdem Gratulation zur Entdeckung eines weiteren Kulturgutes aus der Sparte "Ich ha's scho lang cool gfunde und bi de einzig gsi, Ätsch!"