Samstag, 14. März 2009

Long forgotten nochmal: Chassidus Chübelsack auf dem Whiskyschiff am 27. November 2008


Wir geben es zu. Ein nachhaltiges Tastingprotokoll erfordert eine erhebliche Zeit der Formung der geschmacklichen Sedimente und Eindrücke, welche ein solches erinnerungsstarkes Ereignis im Innern eines Aficionado hervorruft. Nach einer langen Zeit der Erhebung der generierten Malzspuren sei deshalb auf dieses jährliche Spektakel hingewiesen, welches auch Whiskyneulingen wärmstens (im wahrsten Sinne des Wortes) empfohlen wird. Wärmstens. Dabei gilt es, im endlichen Stadium der Lechayim-Aufnahmefähigkeit, möglichst nützliche und verwertbare Daten zu erheben, um unter anderem auch die künftigen Erwerbsentscheide für die Hausbar positiv zu beeinflussen. Wobei klar ist, dass das nützliche Zeitfenster einen enge Ablauffrist aufweist und deshalb die Tasteauswahl wohlüberlegt zu erfolgen hat. Was schwierig genug ist. Dazu kommt der Umstand, dass das Whiskyship auch die seltene Gelegenheit bietet, mehr und weniger aussergewöhnliche Produkte zu testen, zu welchen Zugang in einem Nischenmarkt oftmals ziemlich limitiert ist.
Penizillin und Biederkeit
Die Kulisse stellt die gewöhnliche Flotte der Zürichsee-Schiffe, welche regelmässige auch Plattform für verschiedene kulinarische Ausstellungen darstellt. Unter anderem stiefeln auf dem Schiff während der Malzausstellung langnäsige Damen mit fehlenden Absätzen in dunklen und hipledrigen Outfits herum. Wie es für Frauen typologisch eigen ist, ist es einfacher, bei ihnen in der Nähe stehend Aussagen über die erprobten Produkte aufzuschnappen. Was für sich schon ein eigenes Vergnügen darstellt. So kommt man in den ersten Minuten nämlich bereits zu Vorlagen eindrücklicher Aussagen wie "schmeckt wie Medizin", "es gnüegelet" oder "händ Sie au echli Cola dezue?". Oder assistiert Ausführungen über die "Sexyness" des Bowmore-Plakates. Ein paar rüstige Schweizer im Ausgang, die aber aussehen wie Gummihälse, hängen derweil neben einer Vielzahl Fokuhilas und Locos-Mützen um des Styles Willen um die Stände des japanischen Whiskys herum. Was für Linux ein weiterer Grund zum Frotzeln ist. Gohourens lässt sich derweil bei der ersten Probe, angestachelt durch das "Ambiente", zu Aussagen provozieren wie "schmeckt nach Menschenfleisch". Es riecht derweil hauptsächlich nach Hoffikiis, ranzigen Morcheln und Penizillin. Und ein Tunti fragt: "Ist das jetzt aus Weizen?" Einige Frauen stehen nach Volzug ihres kurzen Testprozederes an den Tresen, sabbern alte schottische Aussteller an, in der Hoffnung, die nächste Nacht in einem alten Bourbon zu verbringen. Und vermasseln sich dann alles mit der Bitte um Eis für ihren 30-jährigen Laphroaig. Und die erste eigene Erkenntnis dringt durch: Sherry blockiert den Gaumen wie eine Strassensperre, ist Galle für das Gemüt und wir verzichten deshalb a priori und präventiv auf die Dalmore-Range.
Testsieger: Bowmore 10y mit Finish im Bordeaux-Fass
Und somit direkt zu den Fakten des Abends. Der 12jährige Finlaggan schmeckt wie salziger Sand am Meer und als lecke man an einem vertrockneten fruchtigen Weinkorken. Zur sich wohl entwickelnden Salzigkeit kommt nach wenigen Augenblicken torfige Wohligkeit hinzu. Mit diesem Whisky will man alt werden. Daneben wirkt das gleichnamige Produkt zu 63% im Bourbon-Fass wie 3 Wochen nicht gewaschene Socken kombiniert mit finnischem Tannenholz. Der 18-jährige Rosebank Old Malt Cask wie eine schwangere Himbeere, der Bowmore 23y, cask strenght wie Lachskaugummi an der Pforte des Torfhimmels, der Glen Grant 21y wie eine Zitronenkapsel im Tschulentfass. Der Ledaig 10y wie ein Whisky zu einer Holekrasch oder für das sonntägliche Gipfelischiff. Und der Arsenallegionär kann inzwischen schon gar nichts mehr zuordnen, foazweg. Absolutes Highlight ist aber der zehnjährige Bowmore mit mehrwöchigem Abschluss in einem Bordeaux-Fass. Glücklich derjenige, der sich eine Flasche dort unter die Nägel reissen durfte oder eine geheime Quelle zu dieser Perle erschlossen hat.
Alles danach verkommt daneben zu angenehmem Dessert, reicht dem Vorläufer aber in keiner Hinsicht das Wasser. So auch der 17y Murray Mc David Caol Ila (Caol Ila gehört an sich eigentlich zu den absoluten Musts einer Geniesserzunge, welche eigentlich zu jedem Anlass passen), der, sich in einer Metaphase befindend, blendet, geschmacklich aber sofort stehen bleibt und steil abfällt. Ein kurzes Feuerwerk, das aber umso blumiger wirkt. Wie ein Youtube-Clip des 1. August-Feuerwerks. Oder aber der 13y Signatory Glen Roth mit einem variantenreichen Abschluss, der je nach zerebralem Zustand aber sehr würzig wirkt und bis in die Knie wirkt.
Kurzum: Chassidus Chübelsack freut sich schon heute auf den diesjährigen November, der dem nebligen Choref Sman-Blues entschieden entgegentritt und uns ein erneutes Highlight des Jahres apportieren wird. Lösch-WAU!
Vorgemerkt: Dieses Jahr wartet CC mit einem kulturellen Höhepunkt auf. Am 12. Juli steht das Rigi-Schwinget an, wozu eine Delegation entsandt wird und zu gegebener Zeit gebührlich rapportieren wird.




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