Dienstag, 1. April 2008

Aprilbericht von der Front


Liebes Poesie-Buch
Ich schreibe Dir mitten aus den schweren Gefechten an der Grenze. Das Leben da ist saumässig schwer. Mitunter etabliert sich sogar ein gewisses linguistisches Verständnis für die lokalen Gaumenschwellungen, welche zu doch noch meist unverständlichem Sprachgebrauch führen. Schleitheim und das Reiat bleiben aber immer noch Festungen der Helvetischen Alpenburg. Von meinem Wachturm aus habe ich immer noch ein hervorragende Übersicht über die Weiten Germaniens und führe da Buch über deren Bewegungen, Truppenverschiebungen und Schachmanöver. Alles wird minutiös rapportiert, wir leisten unseren Dienst - in Kollaboration mit dem Steuervogt - sehr gewissenhaft.

Gegenwärtig werden wir aber auch - und hier erfolgt ein fliegender Wechsel in die Tagesaktualität - durch die vorgegenwärtigsten Schlagzeilen von unserem Freund Mösli von der Karrosseriemeisterschaft F1 eingeholt, dessen Frühlingsgefühle sich so manifestieren mussten, indem er als Scherge verkleidet Schnauzparolen seinen extensiven und fürstlich bestechlichen Konkubinats-Schauspielerinnen entgegenölte und mit ihnen Nazi-Fangis spielen musste.
In kaum vorstellbarer Provision haben Aussenminister Guysolino und meine Wenigkeit vor unlangen Wochen noch eine Episode des Literaturclubs (u.a. mit unserem Prototyp-JLiteraten und Visionär Chügel) des Schweizer Fernsehen absorbiert, wo eben noch von den neusten Erzeugnissen des zeitgenössischen Lesens diskutiert wurde und das Schaffen von Jonathan Littell und seinem Roman über einen homosexuellen SS-Offizier und seine perverse Impressionen aus dem Holocaust diskutiert wurde. Die sexuelle Unterdrückung werde im Buch dabei als Motor genommen für die exzessive Brutalität, welche im Buch Les Bienveillantes beschrieben wird.
Es wirkt im Falle von Max Mosley für einen Standard-Füdlibürger wohl schon sehr befremdlich, wie man körperliche Anziehung mit Völkermord assoziieren und dabei das höchste aller Gefühle empfinden kann. Zwei Gebiete, welche sich in den Augen der Gesellschaft so kontrastieren. Ist das die Art, wie eine zweite Generation danach sich mit der Thematik auseinanderzusetzen hat? Gehört dies zum emotionalen Verarbeitungsprozess der Vergangenheit?
Muss andererseits die volle Brutalität des Krieges minutiös portraitiert werden, damit man humanitäre Greuel nachvollziehen kann?
Wenn dem wirklich so ist, sind die Fragen nach den Gründen dieser Entwicklung angebracht.

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