Donnerstag, 28. Januar 2010

Des Löwen Bäumen bis zum Umfallen

Hochwohl- und neugeborener Lino
Ich liege also heute Nacht im Butt, Walz mich in alle Himmelsrichtungen und versuche endlich zur Ruhe zu kommen. Aber mein Gewissen lässt es nicht zu. Ich muss Dir mein Herz ausschütten und meine Gefühle endlich auf den Tisch legen. Und zwar vor dem ganzen surreal-interaktiven Zibbur. Heute Abend hast Du nämlich wirklich Deine Seele zwischen die Pfosten gestellt und einen Bärenkampf geliefert. Aber der Reihe nach.
Es war schon ca. 20:12 und Seleçao Simchesnaches war gemütlich am einginggen, man schoss etwas stärker, etwas schwächer aufs Tor, erzählte sich die letzten Prahlhansiaden des Ausgangs, regelte mit seinen Substituten die letzten Trilliardendeals und kratzte sich unverfroren den Tagesfrust von der Kante. Gegenüber standen die ominösen Schmockomotivler zu dritt, sahen etwas verdattert aus in ihren grünen Russendisko-Trikots und kündigten an, deren Supertrumpf tauche dann auch noch auf. Bei uns offenbarte der Kugelblitz in letztem Augenblick seine Absenz, was uns also zu fünft (eben Linux, ein Zwilling, der übrige Basler, der Gaucho und der gerichtsnotorische Schreibende) gegen die Hago-Junggesellen liess. Die Aufgabe schien zu dem Punkt eigentlich wie für den Abend geschaffen. Die Galerietüre schwang und da standen plötzlich nochmal drei Russendiskos und einer strauchelte gleichzeitig aus der Kabine. Aha, sie waren also doch zu siebt, Gummiwand inklusive.
Spielstart, ab geht die Post, ein Strich in den weiten Pfosten und entgegen allen Prognosen gingen wir schon in Führung. Führung hielt sicher ca. 7 Minuten so an, dann Ausgleich der Gummiwand und nochmals drei drauf. Simchesnaches traf wiederholt nur Pfosten, Latten und gefühlte 613 Mal die Gummiwand, Pausenstand 2:4. Kurze Lagebesprechung, Vereinbarung einer Taktik, die niemand verstanden hatte, niemand nachvollziehen wollte, aber trotzdem wussten es alle. Besser natürlich. Wiederanpfiff, Anschlusstreffer, der Gegner also so gut wie in Reichweite. Eigentlich schade, hatte nicht übel angefangen. Und dann öffneten sich die Schleusen der Himmel. Es fing aus allen Kübeln an zu regnen, dann kam der Hagel und zum Ende schneite es sogar noch. Nicht nur das, sondern zu guter Letzt rumpelte es, ein Schneebrett löste sich und überrollte die gesamten Kanarienvögel bis zum Hals. Und bevor noch irgendjemand etwas entgegnen konnte oder eine Idee hatte, wie man sich nun versieht, war das Spiel vorüber. Gezählt hat irgend jemand anders, weil es ohnehin nicht mehr darauf ankam. Aber angeblich stand es am Ende 3:13. Irrsinnigerweise stehen wir diese Saison immer dann zu viert oder im Luxusfall zu fünft auf dem Spielfeld, wenn wir die Luft am besten gebrauchen könnten. Man liess sich auswechseln, schaute zum Boden, schüttelte einmal den Kopf und schon musste der nächste atmen kommen. Es ist unweigerlich, auch Seleçao Simchesnaches wird nicht jünger.
Einer aber stand da und jagte den Zuschauern den Unglauben in die Kinnlade. Hechtete, sprang wie ein Widerstandsreh in der Apokalypse, schwang seine Tolden durch die Etagen und war absolut auf der Höhe. Und ein für alle Mal bewies er, dass er es immer noch drauf hat, dass er täglich die Energie findet, allen Unkenrufen zu trotzen und neue Grosstaten zu vollbringen. Lino war da.
In diesem Sinne habe ich Dir also eine Lobeshymne und einen sehr anonymen und kryptisierten Liebesbrief geschrieben. Natürlich wird er nicht auf Erwiderung stossen. Kaum werden wir unsere langzeitige Fehde aus der Welt räumen. Aber wenigstens habe ich nun im Hinblick auf die nächsten Feiertage wieder ein gutes Gewissen. Und einen exzellenten Torwart, in dieser Teamverfassung aber wohl keine Playoff-Qualifikation, *sniff*.

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