Montag, 14. Oktober 2013

The Godfather IV

Aus: NZZ am Sonntag, 13.10.2013

Orthodoxe Rabbiner mit unorthodoxen Methoden


Im US-Gliedstaat NewYork sind zwei Rabbiner verhaftet worden. Sie hatten renitente Ehemänner verprügeln lassen. 

Es klingt nach dem Drehbuch eines Mafia-Streifens: Eine Frau will sich von ihrem Mann scheiden lassen. Weil der nicht mitspielt, engagiert sie Schläger, die den Gatten im wahrsten Sinne des Wortes weichklopfen, bis er in die Scheidung einwilligt. Das Ganze spielt sich aber weder im Film noch im italoamerikanischen Mafia-Milieu ab, sondern in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde im Gliedstaat New York. Die amerikanische Bundespolizei FBI hat diese Woche zwei Rabbiner und zwei weitere Männer angeklagt, wie US-Medien berichten. Sie sollen Abertausende Dollars angenommen haben, um widerspenstige Ehemänner zu entführen und sie mittels Folter zu zwingen, einer Scheidung zuzustimmen.

Die bizarre Geschichte weist auf ein ernsthaftes Problem innerhalb ultraorthodoxer Gemeinden hin: Eine Frau kann sich dort nur scheiden lassen, wenn ihr Mann vor einem rabbinischen Gericht sein Einverständnis gibt und dieses in einem schriftlichen Dokument, einem «Get», bestätigt. Weigert sich der Mann, gilt die Frau innerhalb der Gemeinde als nach wie vor verheiratet. Sie darf keine anderen Männer treffen, geschweige denn heiraten.

Und so haben Rabbi Mendel Epstein und Rabbi Martin Wolmark diesen Frauen seit Jahren einen Ausweg geboten: Für zehntausend Dollar wurde ein rabbinisches Gericht bestochen, damit es  Gewaltanwendung gegen den Ehemann legitimierte. Weitere 50'000 bis 60'000 Dollar kosteten die Schläger – «Shtarke», wie sie auf Jiddisch genannt werden. Aufgeflogen ist die unheilige Rabbiner-Bande, weil zwei verdeckte FBI-Agenten sich als geplagte Ehefrau und deren Bruder ausgaben und die Rabbis ihnen freimütig erzählten, wie sie renitente Ehemänner traktierten.

«Wir entführen einen Mann für ein paar Stunden, schlagen ihn zusammen, foltern ihn, und dann bringen wir ihn dazu, einen Scheidungsbrief zu schreiben», erzählt Rabbi Epstein auf einer Videoaufnahme. Und fügt hinzu, verwendet werde etwa ein elektrischer Viehtreiber – der hinterlasse keine Spuren. Laut den Anklägern sollen in den vergangenen 20 Jahren bis zu 20 jüdische Ehemänner so zu einer Scheidung gezwungen worden sein. Einigen gutbetuchten unglücklichen Ehefrauen haben sie damit bestimmt einen Dienst erwiesen. Mit Religion hat das selbstverständlich gar nichts zu tun.

EDIT DER JUNTA: Verrückt undemokratisch, was sich der Chübel hier erlaubt, aber das Thema ist nach Ansicht der Junta etwas zu heikel, um ein solch einen Artikel einfach unkommentiert zu lassen. Zwar kann der Sachverhalt nicht separat geprüft werden und ob dies wirklich so geschehen ist, soll hier auch nicht beurteilt werden. Auf jeden Fall gilt es, die Scheidungsgrundlage aus jüdischer Sicht etwas kritischer zu durchleuchten. Gemäss jüdischem Standesrecht bestimmt der Ehemann darüber, ob er seine scheidungswillige oder -unwillige Frau von sich stösst oder nicht. Dies geschieht durch eine Willensäusserung, welche durch das Übergeben einer Scheidungsurkunde (Get) zementiert wird. Sofern sich aber der Ehemann weigert, seiner scheidungswilligen Noch-Ehefrau die Scheidungsurkunde zu übergeben, kann sie sich streng genommen nicht wehren. Es sei denn ein Gericht - und wohlbemerkt nur ein Gericht - erstellt den Sachverhalt und anerkennt die zerrütteten Verhältnisse. In diesem Fall wird das Gericht versuchen, den Mann zu überzeugen, der Frau die Urkunde zu übergeben. Und sollte er sich weigern, ist es in der Tat so, dass das Gericht Zwangsmassnahmen bis zu Prügeln anordnen kann, bis der Ehemann sagt: "Ja, ich will!" (sinngemäss abgewandelter Wortlaut des Talmuds). Wohlbemerkt ist dies eine gerichtliche Anordnung und nicht wie in casu eine Horde von Auftragsprüglern. Moderne Zwangsmassnahmen sehen meiner Meinung in Jurisdiktionen wie den USA auch vor, dass scheidungsweigernden Männer ein Asset Freeze auferlegt werden kann. So, genug klug geschissen.

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