Dienstag, 16. März 2010

Missstände am Rande der Unsportlichkeit

Ein überaus erfolgreicher Skiwinter liegt hinter uns. Der Stolz der Nation, das Alpine (Männer-)Skiteam macht wieder Freude.

Doch viel überraschender und bemerkenswerter sind die Erfolge unserer nordischen Athleten.
Insbesondere natürlich der Überflieger der Skisprungszene, Shimon Haman. Nicht nur haben seine Sprünge eine unglaubliche, ja fast schon treifene Länge. Nein unser Toggenburger, welchem seit jeher der Ruf anhaftet, ein Telemarkverweigerer zu sein, erhält je öfters er springt umso bessere Haltungsnoten bei der Telemarklandung.

Zusammengefasst, es entscheidet nicht nur die Weite des Sprunges sondern eben auch die Haltungsnote.

Dem Verfasser dieser Zeilen war es in den letzten Monaten möglich, in diversen Minjanim in Zürich, Basel, Ischgl, Pontresina und Saas Fees an der Tfila teilzunehmen. Nach jahrelangem Synagogengang wären diese Besuche gar nicht mehr nötig gewesen, doch Abwechslung öffnet einem manchmal die Augen. So habe ich in den letzten Monaten erhebliche Missstände in der technischen Ausführung des G"ttesdienstes festgestellt, namentlich in der Hagbe.

Die Hagbe an sich ist ein Mysterium. Gefürchtet und gleichzeitig verehrt. Ein Versagen der Hagbe kann zu einem Fasttag führen, eine gelungene Hagbe zu Jubelszenen. Eine Disziplin nicht nur für die starken, sondern auch für die geschickten Männer.

Wenn es einen Zeitpunkt während der Tfila gibt, wo pure Männlichkeit ausgestrahlt wird, dann während der Hagbe, wenn der Magbia die geöffnete Rolle Stolz gen Himmel streckt und als Applaus ein Küssen des kleinen Fingers des Publikums erhält!

(Anmerkung der Redaktion: Es gibt Frauen welche zusätzlich das Toraküssen als männlichen Akt während der Tfila bezeichnen, da den Männern bei diesem Akt das Tales von der Schulter hängt und bei ausgestrecktem Arm mit Zizis in der Hand, das Tales die Form eins Flügels annimmt, quasi der Flügel einer Fledermaus, kein Witz!)

Doch kurz vor dem triumphalen Moment geschieht der Fehler und hier möchte ich Zwecks Veranschaulichung den Vergleich zum geliebten Skisprungsport ziehen.

Die Entschlossenheit und Höhe des Emporstreckens der Tora entspricht der Flugphase und Flugweite des Skispringers. Das ganze Flugsystem welches beim Skispringer funktionieren muss, wird auch beim Magbia vorausgesetzt (Tales richtig fixiert, Tora genug breit ausgerollt, Stuhl zum Sitzen am richtigen Ort und in der richtigen Distanz damit es für die Pirouette reicht).

Nun was kommt im Skispringen am Schluss? Richtig, ihr habt es erraten, der gefürchtete Telemark!
Wo der Telemark im Skispringen den eigentlichen Sprung perfektionieren muss, wird dieser bei der Hagbe vorausgesetzt, was von vielen Leuten missachtet wird.

Nämlich muss der Magbia vor der Emporstreckung der Tora, diese ein bisschen zu sich ziehen um die Hebelwirkung ausnutzen zu können.

Im Moment als sich der Magbia also mit dem ganzen Körper für einen Bruchteil einer Sekunde fast in einer Linie unter die Rolle bewegt MUSS der Telemark gesetzt werden. Die schönste Emporstreckung hat ohne den zuvor gesetzten Telemark nur den halben Wert.

Ich fordere euch an dieser Stelle alle auf, liebe Leserschaft, sich diesem Missstand in den meisten G"tteshäusern bewusst zu werden und die jeweiligen Magbias auf den Telemark hinzuweisen. Um den Tfilateilnehmern die Wichtigkeit dieser Haltungsnote aufzuzeigen, soll die Idee an dieser Stelle angesprochen werden, in Zukunft gleich nach der Hagbe mit Tafeln die Haltungsnote zu verkünden, welche natürlich direkt vom Telemark beeinflusst werden. Im schlimmsten Fall, bei Unterlassen des Telemarks, soll eine Hagbe sogar als ungültig abgewinkt werden.

Im Sinne, diese ehrenhafte Disziplin beizubehalten und an der hoffentlich bald stattfindenen Winter- Makabiade ausführen zu können.

Grasl

1 Kommentar:

Stangenschuss hat gesagt…

Vielen Dank für diese wunderbare Gsera Shawa zwischen Skispringen und Hagbe. Würde gerne zwei unabhängige Gedanken losbringen:
- Es gibt im Minjan einen Magbia, der die Hagbe sage und schreibe ohne Telemark durchbringt. Ex Borba-Spieler Jon kommt auch ohne die Hebelkraft aus. Muesch mal luege.
- Es ist und bleibt eine der grössten Mysterien, ob und falls ja um wie viel Grad der Magbia sich drehen muss. Es sei an dieser Stelle an den seligen Vater von Minjan-Führer DJ erinnert, der bei jeder Hagba (!) mit seinem scharfen Deutsch von sich gegeben hat: "ganse umdrehung, ganse umdrehung..."