Dienstag, 1. Februar 2011

Guerilla-Kaschrut: Der Tschingg

Offensichtlich kann man in Zürich also machen, was man will. Nur der Name garantiert bereits für die Kaschrut (siehe unsere gepflegte Hamburgerbude am Waffenplatz), auf eine gültige Urkunde kann man verzichten. Und die Leute gehen trotzdem hin, wird schon gut sein.
Also bürgt Chassidus Chübelsack auch mit seinem Namen. Wir wählen mal ein Lokal aus, das mehr oder weniger gut ist und mehr oder weniger den Kaschrut-Standards von Yves Bourgignon und anderen Szenies genügt, drücken ihm unseren imaginären Stempel auf und sagen: Macht was Ihr wollt. Im Prinzip ist es ja ohnehin, was das lokale Ministerium für Akzeptanz und den tollen Ranz mit Hiltl gemacht hat (auf das Tibits trifft das eigentlich auch zu, das Lokal mutet aber deutlich weniger heimisch an, es ist auch viel näher bei den Sünden des Bellevues und des abscheulich sündigen Seefelds, also ist es nur halb okay).
 
Als Exempel dieser Woche dient der Tschingg. Was, spinnen die jetzt schon vollends? Sind die nicht nur unheimisch, sondern auch noch primitiv-fremdenfeindlich? Nein, der heisst wirklich so. Das Lokal befindet sich am Anfang der Oberdorfstrasse gleich beim Bellevue. Auf einer sehr kleinen Fläche hat man die Auswahl zwischen geschätzten fünf verschiedenen Menus. D.h. sie bestehen aus einem Brötchen, das mehr an eine Plastikfaust als an eine Speise erinnert sowie einer gut gefüllten und ansehnlichen Portion Teigwaren. Die Saucen sind immer vegetarisch und frisch zubereitet (wer hinten im Lokal sitzt, spürt den Zubereitungs-Mixer oft im Untergrund vibrieren). Dazu gibt's politisch und guerilla-mässig problematischen Parmesan (Lab-Problematik, siehe anderswo hierdrin). Der Hammer ist, dass die Teigwaren allesamt unter Fr. 10.- kosten. Wie das möglich ist, weiss niemand, schon gar nicht an dieser Location (Fr. 2.50 Aufschlag, wenn mit normalem Gedeck zu konsumieren, andernfalls im Kartonquader on the go, aber mit Sitzen). Die Pasta schmeckt vorzüglich und der Ort hat seinen eigenen Charme. Dazu trinkt man entweder einen auszuwählenden, frischen Fruchtsaft, Bier (Theresianerbräu) oder wiederum guerillamässig diskutablen Wein (ein wahrer Guerillero trinkt eh nur Schoggimilch mit Chili). Die üblichen Softdrink-Brausen gibt's ja auch zuhause. Und isst zum Dessert frische Früchte, welche in einer Auslage zum Verkauf bereit stehen.
 
Alles in allem zirka fünf Daumen nach oben, man möge also einen Besuch abstatten, da das Geschäftsmodell deutlich zugunsten des Gastes ausgelegt wurde (sprich man sich wundern darf, wenn in 12 Monaten noch da geschlemmt werden kann).
 
Wir möchten an dieser Stelle mit Nachdruck darauf hinweisen, dass der Besuch von Restaurants im Allgemeinen eine fröhliche Angelegenheit darstellt. Im Hintergrund könnte dabei Musik laufen, die Leute dürften auch lachen. Im Hinblick auf die Zerstörung des Tempels ist deshalb gefälligst darauf zu verpflichten, es sei denn, man hat einen wirklich zwingenden Grund dazu. Hunger zählt leider nicht (essen kann ich ja auch zuhause), in Ausnahmefällen darf mit Ohrenpfropfen ein Ausnahmegesuch in der lokalen Presse oder am Anschlagbrett von Tiefencastel publiziert werden.

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